Petition zur Änderung des Lifestyle-Paragrafen 34 StGb V
News | 25.09.2025

Petition zur Änderung des Lifestyle-Paragrafen 34 StGb V
Der §34 SGB V ist der sogenannte Lifestyleparagraf im Sozialgesetzbuch.
Er regelt, welche Medikamente von der gesetzlichen Krankenversicherung NICHT bezahlt werden dürfen.
Unter anderem steht hier:
"Von der Versorgung sind außerdem Arzneimittel ausgeschlossen, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht. Ausgeschlossen sind insbesondere Arzneimittel, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion, der Anreizung sowie Steigerung der sexuellen Potenz, zur Raucherentwöhnung, zur Abmagerung oder zur Zügelung des Appetits, zur Regulierung des Körpergewichts oder zur Verbesserung des Haarwuchses dienen. Das Nähere regeln die Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6."
Mal ganz davon abgesehen, dass Studien mittlerweile auch immer das Thema "Lebensqualität" enthalten und teilweise auch gefordert werden, zeigen medizinische Studien schon seit Jahren, dass die Adipositas eine Erkrankung ist, die von vielen Faktoren abhängt und als chronische Erkrankung endet.
Dies führte am Ende auch dazu, dass der Deutsche Bundestag im Jahr 2020 die Adipositas als eigenständige Erkrankung anerkannt hat.
In Folge dessen wurde der Gemeinsame Bundesausschuss mit der Entwicklung eines DMP Adipositas beauftragt. Dieses wurde mittlerweile in den DMP Richtlinien veröffentlicht.
Die medikamentöse Therapie der Adipositas wird allerdings immer mit dem Hinweis auf diesen §34 SGBV weggedrückt.
Und dies obwohl diese Medikamente einen echten Mehrwert in der Therapie der Adipositas bringen. Sie sind für uns das Bindeglied und eine wichtige Ergänzung in der Behandlung der Adipositas.
Hürden aus dem Weg räumen
Im ersten Schritt geht es uns - das sind die drei Patientenorganisation der Adipositas Selbsthilfe - diese gesetzliche Hürde aus dem Weg zu räumen. Somit kann der Gemeinsame Bundesausschuss Regelungen treffen, wie die medikamentöse Therapie der Adipositas zu Lasten der GKV eingesetzt werden kann.
Gleichbehandlung und Stigmatisierung
Wenn man sagt, dass die Adipositas eine lebensstilbedingte Erkrankung ist und wir Betroffenen selbst schuld daran sind, dann ist das eher eine Schutzbehauptung als eine evidenzbasierte Aussage.
Dieser Logik folgend, müssten alle Menschen, die an einer Folgeerkankung der Adipositas leiden, die Behandlung dieser Erkrankung selbst bezahlen.
Zwei-Klassen Medizin
Es kann nicht sein, dass unsere Gesundheit von unseren finanziellen Mitteln abhängt.
Wer sich die Medikamente leisten kann, lebt länger und gesünder. Alle anderen können schauen wo sie bleiben.
Es verstößt zutiefst gegen unser soziales Grundverständnis. Keiner anderen Patientengruppe wird so vehement alle möglichen Therapien verweigert und solch hohe Hürden in den Weg gelegt.
Der volkswirtschaftliche Schaden
In Deutschland beläuft sich der volkswirtschaftliche Schaden auf mindestens 63 Milliarden Euro / pro Jahr. Tendenz steigend. Die World Obesity Federation schätzt einen Anstieg in Deutschland bis 2035 auf bis zu 120 Milliarden Euro.
Die Investition in die Therapie der Adipositas wird also langfristig den Sozialsystemen und der Wirtschaft helfen. Gerade auch vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels.
Prävention zahlreicher Erkrankungen
Mit einer wirksamen Therapie der Adipositas kann man zahlreiche Folge- und Begleiterkrankungen vermeiden. Angefangen von Diabetes Typ 2, über Bluthochdruck, Schlafapnoe, PCO Syndom bis hin zu verschiedenen Krebsarten, die durch die Adipositas begünstigt werden.
Leitlinien empfehlen die Medikamente
In ausländische Leitlinien haben die medikamentöse Therapie schon seit einigen Jahren einen festen Platz.
Die S3 Leitlinie der Deutschen Adipositas Gesellschaft hat diese mittlerweile auch als Bestandteil der Therapie aufgenommen.
Zulassungsstudien
Aktuell sind zwei Produkte zur Therapie der Adipositas zugelassen. Diese Zulassung muss im Vorfeld mit Studien belegt werden. Trotz der guten Ergebnisse in den Studien wurden die Medikamente im März 2024 durch den Gemeinsamen Bundesausschuss in der Arzneimittel-Richtlinie in die Liste der Ausschluss Medikamente gesetzt.
Das muss sich ändern
Wir finden es fahrlässig, dass Gesetzgeber und Gemeinsamer Bundesausschuss immer mit dem Finger aufeinander zeigen, wenn man fragt, wer denn jetzt zuständig ist.
Mit dieser Petition wollen wir den Weg frei machen, dass die Medikamente von den Krankenkassen bezahlt werden können. Es ist ein erster Schritt. Ein wichtiger Schritt.
Dies gelingt aber nur mit Eurer Unterstützung. Nämlich dann wenn Ihr uns hierbei unterstützt und für die Petition unterschreibt.
Der Ablauf der Petition ist relativ einfach.
Am 22.09.2025 wurde die Petition beim Petitionsportal des Deutschen Bundestages hochgeladen.
Bedingt durch eine Begrenzung im Petitionsportal, wurde eine verkürzte Version der Petition eingereicht und die Vollversion per Post nachgesandt.
Ab jetzt können auch die Unterschriftenlisten gefüllt werden
Wo kann ich unterschreiben?
Es gibt zwei Möglichkeiten zu unterstützen:
- Online im Petitionsportal des Deutschen Bundestages.
Die Registrierung dauert lediglich wenige Minuten. - Mit der Unterschrift auf einer Unterschriftenliste.
Hier muss die Liste allerdings dann im Original per Post an den Petitionsausschuss geschickt
werden. Der Aufwand ist hier also etwas größer. Aber es ist eine einfache Möglichkeit Unterstützer zu finden.
Wer darf denn unterschreiben?
Jede volljährige Person mit festem Wohnsitz in Deutschland darf unterschreiben.
Was passiert nach Ende der 6 Wochen?
Dann heißt es warten und Geduld haben. Der Petitionsausschuss kann in der Zeit Ministerien und Ausschüsse des Deutschen Bundestages um Stellungnahme bitten.
Sollten wir 30.000 Unterstützer / Unterschriften erhalten, werden wir zur mündlichen Anhörung nach Berlin eingeladen.
Der Petitionsausschuss entscheidet am Ende ob er dem Deutschen Bundestag die Änderung des Gesetzes empfiehlt. Das letzte Wort darüber hat der Deutsche Bundestag bevor der Bundesrat dieses vorgelegt bekommt.
Wie kann ich noch unterstützen?
Pünktlich zum Start der Petition werden wir dies in den sozialen Medien teilen, die Presse und Fachgesellschaften informieren.
Ihr könnt Eure Ärzte und Apotheken informieren und bitten uns zu unterstützen.
Aber auch Freunde, Familie und Kollegen dürft Ihr zum mitmachen animieren.
YouTube Video teilen
Wir haben am 16.09. eine Infoveranstalung durchgeführt, die wir aufgezeichnet haben.
Dieses könnt Ihr auf YoutTube unter https://youtu.be/DKn-p4ddC4w anschauen.
Petition zur Änderung des §34 SGB V zur Erstattungsfähigkeit von Medikamenten zur leitliniengerechten Behandlung von Menschen mit Adipositas
Ich bitte die demokratischen Parteien des deutschen Bundestags, den §34 SGB V dahingehend zu ändern, dass zugelassene, evidenzbasierte Medikamente zur Gewichtsreduktion in die Regelversorgung aufgenommen werden und somit durch die Krankenkassen voll erstattungsfähig sind.
- Adipositas ist eine anerkannte Krankheit, bei deren Behandlung die Verbesserung des Gesundheitszustands über die Gewichtsabnahme hinaus sowie die Vermeidung von Folgeerkrankungen wie Typ 2 Diabetes, Herz-Kreislauf- Erkrankungen und Krebs im Vordergrund steht. Adipositas ist kein kosmetischer Befund!
- Adipositas ist mit einem gesellschaftlichen Stigma belegt, das sich auch auf struktureller Ebene im Gesundheitssystem niederschlägt. Den Patientengruppen wird mangelnde persönliche Stärke und Schuld zugeschrieben. Die Versorgungsqualität der Menschen mit Adipositas ist dadurch gering, was insgesamt zu höherer Krankheitslast und höheren Gesundheitskosten beiträgt. Die Bekämpfung dieser Krankheit ist wichtig, um das Leid der Betroffenen zu mindern.
- Die Dimension von Adipositas für die Gesellschaft und die Wirtschaft ist enorm. Auch aus volkswirtschaftlicher Perspektive ist es daher sinnvoll, Adipositas frühzeitig effizient zu behandeln.
Die medikamentöse Therapie ist ein wichtiger Baustein in den nationalen als auch internationalen medizinischen Leitlinien. Bestimmte Adipositas-Medikamente können dazu beitragen, die Gesundheit der Menschen, insbesondere im Herz-Kreislauf-Bereich, über die Gewichtsabnahme hinaus zu verbessern.
Bei Erstellung des § 34 im SGB V im Jahr 1988 galt Adipositas weder als Krankheit, noch gab es medikamentöse Behandlungsoptionen. Eine Neubetrachtung der Gesetzmäßigkeiten nach dem neuesten Stand der Wissenschaft ist daher dringend notwendig.
Formulierung für Anpassung §34 Absatz 1
streiche: … zur körperlichen Abmagerung oder zur Zügelung des Appetits, zur Regulierung des Körpergewichts …
Neufassung Absatz 1:
Von der Versorgung sind außerdem Arzneimittel ausgeschlossen, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht. Ausgeschlossen sind insbesondere Arzneimittel, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion, der Anreizung sowie Steigerung der sexuellen Potenz, zur Raucherentwöhnung, zur Abmagerung oder zur Zügelung des Appetits, zur Regulierung des Körpergewichts oder zur Verbesserung des Haarwuchses dienen. Das Nähere regeln die Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6.
Hintergrund:
Adipositas ist eine chronische Erkrankung und muss gemäß §27.1 SGB V behandelt werden. Adipositas kann schwerwiegende gesundheitliche Folgen haben. Die Erkrankung ist mit 200 Komorbiditäten und Komplikationen assoziiert, z.B. mit Typ 2 Diabetes, Bluthochdruck und Krebs und kann mit einer um 2 bis 10 Jahre verringerten Lebenserwartung einhergehen. Neben der individuellen Dimension der Krankheit Adipositas sind auch die ökonomischen Auswirkungen volkwirtschaftlich relevant. Laut einer Untersuchung der Universität Hamburg belaufen sich die jährlichen Gesamtkosten aufgrund von Adipositas Erkrankungen in Deutschland auf 63 Mrd. Euro. Darunter fallen 29 Mrd. für direkte Behandlungskosten und weitere 34 Mrd. an indirekten Kosten (Verlust an Lebensqualität, Arbeitsunfähigkeiten, vorzeitige Berentung etc.).
Derzeit sind Medikamente zur Therapie der Adipositas in §34 SGB V von der Erstattung der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen. Diese Regelung benachteiligt Menschen mit Adipositas erheblich, da ihnen eine wichtige konservative Therapieoption verwehrt wird.
Hinzu kommt, dass wir uns immer mehr zu einer Zwei-Klasse-Medizin entwickeln. Die finanziellen Möglichkeiten des Menschen entscheidet über Therapie oder Leid. Weiterhin gefährdet die aktuelle Selbstzahlerpraxis die Patientensicherheit. Medikamente werden ohne eingehende Anamnese / Voruntersuchungen verschrieben, die Betroffenen werden häufig nicht in der Therapie begleitet und ändern dadurch die Medikamentation eigenständig.
Die Beschaffung findet teilweise abenteuerlich über die sozialen Medien ohne Rezeptierung oder mittels eines kleinen Fragebogens (4-5 Fragen) statt. Es hast sich weiterhin ein Schwarzmarkt entwickelt, wo auch Präparate unter falschem Label verkauft werden.
Konservative Maßnahmen allein, wie Ernährungsumstellung und Bewegungsförderung, zeigen in der Praxis nur begrenzte Wirksamkeit, zumal es auch hier keine Regelleistung zu Lasten der GKV gibt. Für viele Betroffene bleibt daher langfristig nur der Weg zu chirurgischen Eingriffen wie einer bariatrischen Operation, für die es eine Erstattung gibt.
Durch die Einbeziehung zugelassener Medikamente zur Gewichtsreduktion in die Erstattung würden effektivere konservative Therapieansätze geschaffen und invasive Eingriffe könnten vermieden werden. Studien belegen, dass medikamentöse Therapien sowohl Gewichtsreduktionen als auch präventive Effekte gegen Komorbiditäten wie Typ- 2-Diabetes, Bluthochdruck und Herz-Kreislauf-Erkrankungen bieten.
Die Erstattung soll an die Bedingung geknüpft sein, dass die Anwendung der Medikamente unter ärztlicher Aufsicht und nur in Verbindung mit einer konservativen Adipositastherapie (Ernährungsumstellung, Bewegungsförderung, Verhaltenstherapie) erfolgt. Darüber hinaus soll der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) beauftragt werden, die medikamentöse Therapie der Adipositas innerhalb eines Jahres in das bestehende Disease-Management-Programm (DMP) Adipositas aufzunehmen.
Belege:
- Zulassungsstudien: Die Wirksamkeit von Medikamenten ist durch umfassende klinische Studien nachgewiesen..
- S3-Leitlinien der Deutschen Adipositas Gesellschaft: Diese Leitlinien empfehlen die medikamentöse Therapie als sinnvolle Ergänzung zu Ernährungs- und Bewegungstherapien
- Weitere Studien: Zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten belegen die präventive Wirkung dieser Medikamente hinsichtlich schwerwiegender Komorbiditäten.
Unterstützerkreis:
Diese Petition wird unterstützt von:
- Adipositas Chirurgie Selbsthilfe Deutschland e.V.
- Adipositasverband Deutschland e.V.
- AdipositasHilfe Deutschland e.V.
